Samstag, 22. April 2023

Eine Coutie gegen das Karpaltunnelsyndrom

 


Es ist wie beim Wilhelm Tell: "Durch diese hohle Gasse muss er kommen."

Beim Handgelenk müssen Nervenstrang und Sehnen durch einen engen Tunnel in die Hand: durch den Karpaltunnel. Kommt es dort zu Entzündungen, so schläft die Hand ein und schmerzt. Ein Übel, das viele plagt. Telegrafisten sind speziell anfällig dafür. Besonders wenn sie die klassische Klopftaste lieben, die Veil erfunden hat. 

Ja, du hast richtig gelesen: nicht Morse hat die Morsetaste erfunden, es war sein Assistent Alfred Vail

Kaum eroberte die Telegrafie die Kommunikation, hatten die ersten Berufstelegrafisten mit dem Karpaltunnelsyndrom zu kämpfen. Viele mussten deshalb nach Jahren ihren Beruf aufgeben. 

Doch dann erfand Horace G. Martin eine halbautomatische Taste. Er war einer der besten Berufstelegrafisten in den USA und begann ebenfalls am Karpaltunnelsyndrom zu leiden. Seine neue Taste war elektromechanisch und musste mit einer Batterie betrieben werden. Doch sie konnte sich nicht durchsetzen. 1904 beantragte Horace dann ein Patent für den "Vibroplex" Geber, in Funkerkreisen auch "Bug" genannt. Ein Paddle, bei dem die Punkte durch eine schwingende Feder erzeugt und nur die Striche von Hand gegeben werden. Dieser halbautomatische Geber setzte sich rasch durch, denn er entlastete den Tastarm und ermöglichte auch schnelleres Geben. Seit 1905 bis heute wird er praktisch unverändert produziert. 

Hier ist die Geschichte von Vail's Taste, über die Vibroplex bis zum heutigen elektronischen Paddle im Detail nachzulesen.

Doch eine Version Morsetaste wird im Wikipedia-Artikel leider nicht erwähnt. Der Sideswiper oder Coutie. Ein Paddle für den armen Funker, der sich keinen Vibroplex-Bug leisten konnte und selber eine Morsetaste bauen musste, die das Handgelenk schonte. 

Der Coutie ist eine Einhebeltaste die hin und her bewegt wird und auf beiden Seiten Schließkontakte betätigt, die parallel geschaltet sind. Damit können links und rechts Striche und Punkte nach Belieben erzeugt werden. Ohne Elektronik. Im Prinzip ist es eine Links-Rechts-Handtaste. 

Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass die Herstellung einer solchen Taste denkbar einfach ist: Das Sägeblatt einer Eisensäge, zum Beispiel, das zwischen zwei Kontakten hin und her bewegt wird.

Hier im Bild ist meine HST von Begali zu sehen, eine der schnellsten Morsetasten der Welt. Sie kann mit  einem Schalter von Elektronikbetrieb auf Sideswiper-Betrieb umgeschaltet werden. 

 


Wie eine Coutie getastet wird und wie sie klingt, zeigt IK1OJM im folgenden Video:


Im nächsten Video wird gezeigt, wie man mit ganz einfachen Mitteln selbst eine Coutie bauen kann:


Die Coutie ist aber nicht etwa ausgestorben oder bloss eine Randnotiz in der Geschichte der Telegrafie, wie die vielen Videos beweisen. Ihre Fans haben - wie könnte es anders sein - ihr eigenes Funknetz und eine entsprechende Webseite: das Sideswiper Net


6 Kommentare:

  1. Es war Marconi Tag, als Du diesen Blog Post veröffentlicht hast, es ist also keine Überraschung, dass Du diesen Namen im Kopf hattest, aber Alfred Veil hat mit Samuel Morse gearbeitet;) Faengt auch mit ‘M’ an und hat natürlich auch mit Kommunikation zu tun. Einen verspäteten “Happy Marconi Day” wünsche ich Dir ;)
    Karl Heinz - K5KHK

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  2. Danke Karl Heinz. Habe es nun korrigiert. vy73 de Anton

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  3. Man braucht sich die Hand nicht mehr kaputtmachen. CW ist tot, und das zurecht, braucht keiner mehr, ist überholt, ist von der Technik überrollt.
    Das sagt Einer der 1975 nur Telegrafie (FTdx-505) gemacht hat. Die Zeiten sind vorbei, man muss loslassen können. Amateurfunk ist in gewisser Weise, sinnlos geworden.....
    73 DL7TY

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    1. Das schöne an der Freiheit ist, dass der andere machen können, was niemanden stört. Kurzum, wenn ich CW mag, nutze ich das.
      Ansonsten: Keiner muss Kaninchen züchten, denn Essen gibt es schließlich im Supermarkt.
      Lasst den Menschen die Freiheit.
      73 de DL9NBX Roland

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    2. Ich muss DL7TY energisch widersprechen. Auch der Unbeholfene merkt beim Drehen über den CW-Bandteil spätestens bei einem Contest, dass CW nicht tot ist. Die Conteste erfreuen ich mehr Beteiligung denn je.
      Ich mache aus Freude und Überzeugung zu 99% CW, weil es mir Spass macht. Kunst kommt von Können. Ich möchte etwas können, das sich eben nicht jeder einfach so kaufen kann. Der grandiose Zusammenhalt unter den Morsefreunden ist dann noch das Tüpfelchen auf dem i.
      73 & CWFE de Christian. HB9BJL

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  4. Ja, ja, ich weiss. Wir sind halt aus der Zeit gefallen. Macht nix. Ich nehme meine Taste mit ins Grab ;-)

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