Samstag, 27. April 2024

Hexagonales Wasser

 


Auch hier im Alpental geht die Antennen-Angst um. Eine Gruppe von Menschen versucht die Installation von 5G Mobilfunk auf dem bestehenden Mobilfunkmast zu verhindern. Sie verteilen Flugblätter, intervenieren in der Gemeindeversammlung und im Lokalblatt. Sie sammeln sogar Geld um damit einen Anwalt und einen Experten zu bezahlen. Der Experte sei Spezialist, ein Radio-Ingenieur, der sich mit gefährlichen Strahlen auskenne. Und 5G-Strahlung sei besonders gefährlich. Gut, dass meine Antennen inkognito sind. 

Hoffentlich sprengen die unsere Mobilfunkantenne nicht. Sie ist nämlich unsere Einzige. Sie steht weit außerhalb des Dorfes auf einem Hügel und ihre einzigen Nachbarn sind ein paar Kühe auf den Alpweiden. Ob die Kühe auch Angst vor 5G haben und deswegen vielleicht weniger Milch geben?

Doch wie bei allem gibt es auch hier einen Gegenpol.

Erstaunlicherweise gibt es offenbar Menschen, die sich geradezu zu elektromagnetischer Strahlung hingezogen fühlen. Sogar so sehr, dass das BAKOM, das Bundesamt für Kommunikation einschreiten musste. Diese Menschen fabrizieren nämlich hexagonales Wasser aus gewöhnlichem Wasser. Dazu brauchen sie Hochfrequenz. Zwar keine 5G Strahlung im Gigahertz-Bereich, sondern - wie könnte es anders sein - u.a. Wellen aus unserem 2m Band.

Die werden ja bereits von Heilern benutzt, die mit Antennen über schmerzende Gelenke und Organe streichen. Ein Brauch, der offenbar noch nicht ganz verschwunden ist, wenn man den Frequenzbereich bei 144 MHz beobachtet. 

Diese Affinität gegenüber der 2m Welle hat vielleicht seine Gründe im Aufbau des menschlichen Körpers. Dieser, beziehungsweise Teile davon, scheint gewisse Resonanzen aufzuweisen. Wir Funker wissen das auszunutzen. Je nachdem wie wir unsere Handsprechgeräte halten, agiert unser Körper als Reflektor und verschafft uns einen zusätzlichen Antennengewinn in eine bestimmte Richtung. 

Wie weit der Mensch elektromagnetische Strahlung wahrnehmen kann und ob ihm nicht ionisierende Strahlung ab einer gewissen Stärke schadet, ist umstritten. Und ob wir wirklich 5G brauchen, nachdem wir doch die Glasfaser im Haus haben ist fraglich.

Aber die beiden Extreme zeigen sehr schön, dass wir Menschen in verschiedenen Realitäten leben.

Montag, 22. April 2024

Funken aus dem Alpental - Teil 2

 

Bild: Links Dent de Brenleire 2354m  HB/FR-003, rechts Dent de Folliéran 2340m HB/FR-041

Teil 2: Die Kurzwelle im Alpental.

Der Baum ist der Freund des Funkamateurs. Er ist ein geduldiger Befestigungspunkt für Drahtantennen aller Art. Natürlich sind Bäume viel mehr als Antennenträger und ich bin glücklich, vor dem Fenster meines Shacks eine ganze Reihe von ihnen zu sehen. Zu sehen, wie sie ihr Blätterkleid den Jahreszeiten anpassen, wie sie wachsen und den Eichhörnchen und Vögeln Unterschlupf gewähren. Eine mächtige Tanne steht 15m entfernt und wird bald das Haus überragen. Rechts davon wächst eine Rotbuche. Sie entfaltet im Frühling als letzte ihre Blätter. Gleich daneben stehen zwei Weiden. Nach ihrem üppigen Wachstum zu schließen, haben ihre Wurzeln viel Wasser gefunden. Etwas weiter weg behaupten ein Bergahorn und eine Hainbuche ihre Plätze. 

Natürlich wäre es ein Leichtes, vom Shack aus einen Draht zu spannen. Aber ich habe mich vorerst gegen diesen Schritt entschieden. Und das hat seine Gründe:

An einem neuen QTH ist es empfehlenswert, nicht gerade mit der Tür ins Haus zu fallen, beziehungsweise mit der Antenne in den Garten. Trotzdem hätte ich auch hier im Alpental wohl zuerst mal einen Draht gespannt. Als End Fed Antenne mit einem Unun

Ich habe es nicht getan, weil ich vor drei Jahren eine Antenne entdeckt habe, die ich bisher nur als Notlösung angesehen hatte: Die Magnetische Antenne.

Was zuerst nur ein Experiment gedacht war, aus Neugier geboren, entwickelte sich bald zu einer Faszination, die mich nicht mehr losließ (Hier ein Bericht aus dieser Zeit). Je mehr ich von diesen Loop-Antennen baute, desto mehr begann ich ihre Eigenschaften zu schätzen und sie immer besser zu verstehen. Ich begriff, wieso andere OM auf diesen Antennentyp schwören und ich verstand aber auch die, welche der Magnetloop nichts abgewinnen können. Und so kam es, dass ich anstatt einen simplen Draht zu den Bäumen hinter dem Haus zu spannen, eine Magnetloop unter dem Dach aufbaute. Nicht nur eine. Inzwischen habe ich hier eine ganze Reihe Magloop's auf- und wieder abgebaut. Meine letzte Loop habe ich Omega-Loop genannt. Mal sehen ob es dabei bleibt oder ob ich sie umbenennen muss. 

Eine Antenne im Haus hat ihre Vor- und Nachteile, ob es nun eine elektrische oder magnetische ist. Aber ein entscheidender Vorteil ist der, dass man an seiner Antenne jederzeit herumbasteln kann, ob es stürmt oder schneit. Je älter man wird, desto mehr beginnt man, diesen Umstand zu schätzen. Muss man als älterer OM aufs Dach, weil das Kabel abgesoffen ist, wird es kritisch. Ab einem gewissen Alter wird schon die Leiter zu einem Risiko. 

Doch kommen wir zu des Pudels Kern: Was kann die Kurzwelle, wenn man im Alpental sitzt?

Da gibt es eine gute Nachricht und eine schlechte: Die gute Nachricht ist die, dass natürlich auch über dem Alpental eine Ionosphäre vorhanden ist. Über diese funken wir, wenn wir die Kurzwelle benutzen. Meistens auf jeden Fall. Nur wer im flachen Land oder am Meer wohnt, kann über nennenswerte Verbindungen mittels Bodenwelle berichten. Aus dem Alpental hinaus schafft es die Bodenwelle kaum. Muss sie über den Berg, geht ihr der Schauf aus. 

Die schlechte Nachricht wird viele Funkamateure erschrecken: Aus dem Alpental ist DX schwierig. Wenn andere Funker seltene Inseln erreichen und SSB-Verbindungen mit allen Kontinenten genießen, ist der Alpental-Funker meist zum Zuhören verdammt. Der Unterschied ist frappant. Wenn mein Funkkollege auf dem Hügel im Mittelland mit Australien parliert und 59 gibt, höre ich im Tal meist nichts.

Das liegt nicht an der Antenne. Sondern ausschließlich am Abstrahlwinkel. Elevation oder Höhenwinkel genannt. Um DX zu arbeiten müssen die Radiowellen möglichst flach abgestrahlt werden, damit sie möglichst weit kommen, bevor sie an der Ionosphäre reflektiert werden. Das ist das A und O des DX. Wenn du DXer bist und gerne in die Berge ziehen möchtest: mache dich nicht unglücklich. Wähle statt dessen ein QTH am Meer. Es ist ein riesiger Unterschied, ob dein Funksignal zum ersten Mal in 3000km auf die Ionosphäre trifft, oder bereits nach 1000km.

Nicht dass DX ganz unmöglich wäre. Auch in einem Alpental gibt es irgendwo eine Lücke, wo die Berge nicht so hoch sind. Meistens talabwärts. Bei mir liegt in dieser Richtung Brasilien. Da sind ab und zu Verbindungen möglich. In andere Richtungen, wo besonders hohe Berge die Abstrahlung behindern, ist gar nichts zu machen. Stationen aus den USA höre ich nur schwach und selten. Da nützt es auch nichts, eine Antenne zu bauen, die besonders flach strahlt. Im Gegenteil, Mit einer flach strahlenden Antenne - zum Beispiel einem Beam - strahlt man nur die Felswände an.  

Mit Abstrahlwinkeln von 30 Grad macht man zwar kein DX, doch für kürzere Strecken funktioniert die kurze Welle aus dem Alpental ausgezeichnet. NVIS im Umkreis von ca. 500km geht sehr gut und bei Europa QSO's kann man mit Stationen aus dem flachen Land durchaus mithalten. 

Und da kommt jetzt die Magnetloop-Antenne ins Spiel. Diese Art Antenne, vertikal aufgebaut, strahlt in allen Elevationswinkeln. Sie ist insbesondere auch ein sehr guter NVIS-Strahler. Darum findet man sie beim Militär auch oft auf Bodenfahrzeugen montiert. Zum Beispiel auf Humvees der USA. Dort dienen sie der Kurzstrecken-Kommunikation jenseits der Reichweite der Bodenwelle. Das Militär arbeitet dabei im Frequenzbereich 2 - 10 MHz.

Erstaunt bin ich immer wieder, wie gut meine Omega-Loop auch in SSB im 80m Band spielt. Bei Schweizer-Runden oder Verbindungen ins nahe Ausland ist sie durchaus vergleichbar mit Kurzdipolen oder Kompromissantennen wie der ZL6BKW. Im 80m Band setze ich bei SSB-Betrieb die vollen 200 Watt meines Icom IC-7700 ein. Dies übrigens mit maximaler Kompression, was der Verständlichkeit sehr zugute kommt. Sprachkompression mit einem optimal eingestellten Frequenzgang kann eine Kilowatt-Endstufe wettmachen. Ein Umstand, dem oft nicht genügend Beachtung geschenkt wird.  

Da man - mit einigen Ausnahmen - im Talkessel auf NVIS und Europa-QSO limitiert ist, kann man sich auf die Bänder konzentrieren, die am besten dafür geeignet sind. Also auf 40m und 80m. Dabei sollte man auch das neue 60m Band im Auge zu behalten. Es ist mit seinen drei SSB-Kanälen, dem FT-8 Kanal und den ca. 2.5 kHz, die noch für CW übrig bleiben, zwar winzig klein. Aber es ist ein ausgezeichnetes NVIS-Band für kurze Distanzen von einigen hundert Kilometern. Über NVIS habe ich in diesem Blog schon viel berichtet. Kurz gesagt: Es ist eine Bezeichnung für steil strahlende Verbindungen über die Ionosphäre, mit Distanzen bis ca. 500km. Wichtig dabei ist, dass man die richtige Frequenz auswählt. Also die Frequenz, bei der die Ionosphäre eine steile Einstrahlung noch reflektiert, und dass man dazu auch eine Antenne benutzt, die wie ein Springbrunnen ihre Wellen in den Aether schickt. Dass das nicht im 10m Band funktioniert und dass dazu Vertikalantennen weniger geeignet sind, ist wohl den meisten klar.

In Zeiten des Sonnenfleckenmaximums eignet sich auch das 30m Band für den Funkverkehr aus dem Alpental. Oft steigt die Senkrecht-Grenzfrequenz in der Tagesmitte über 10 MHz. Und natürlich sollte man auch das 160m Band nicht vergessen. Leider passen 160m Wellen und Magnetloop Antennen schlecht zueinander. Die Effizienz der Magnetloop nimmt in Relation zur Wellenlänge in der vierten Potenz ab und die nutzbare Bandbreite genügt nicht mehr für ein SSB-Signal. Doch darüber habe ich bereits an anderer Stelle geschrieben.     

Nicht nur Alpentalbewohner, sondern auch DXer sollten die Webseite von G4KNO gut studieren. Darin wird der Zusammenhang zwischen Abstrahlwinkel und Sprungdistanz eingehend erläutert und man findet dort auch entsprechende Diagramme. Zudem erklärt die Seite auch, wie man ein Ionogramm interpretiert. Inogramme sind ein ausgezeichnetes Mittel um den Zustand der Ionosphäre einzuschätzen. Während der DXer im flachen Land am Morgen zuerst in den Cluster guckt, schaue ich mir die Ionogramme der europäischen Sonden an. Einige Sonden in der Nähe findet ihr rechts in der Spalte "interessante Links". 

                

Dienstag, 16. April 2024

Funken aus dem Alpental - Teil 1

 

Bild: Dent de Broc 1829m HB/FR-026

Gerade ist mir das neuste HB-Radio ins Haus geflattert. Die Hochglanz-Clubzeitschrift der USKA. Sie platzt fast von den riesengroßen Egos, die einem ins Auge springen. Doch je größer der Glanz, je kleiner der Informationsgehalt. Eine Selbstbeweihräucherung der Extraklasse. Schade, dass die Gazette gedruckt und nicht online daherkommt. Das würde die Entsorgung vereinfachen. Aber vielleicht ist das so eine Art Statussymbol oder ein politisches Ding. Ich kenne mich damit nicht aus.

Vielleicht ist es so wie mit allem, das vor dem Untergang steht. Wie mit den Dinosaurier, die auch immer grösser wurden, bevor sie vom Planeten verschwunden sind. Oder wie mit unseren Automobilen, die sich von den Überresten der Dinosaurierzeit ernähren. Sie werden jedes Jahr immer grösser und passen kaum mehr in eine Parklücke. Auch sie platzen vor  lauter Ego aus allen Nähten. 

Aber eigentlich wollte ich heute nicht über die Entsorgungsprobleme überflüssiger Hochglanzbroschüren schreiben, sondern darüber, wie es mir beim Umzug ins Alpental ergangen ist. Was ich in den zweieinhalb Jahren erlebt und gelernt habe. Hauptsächlich aus radiotechnischer Sicht, versteht sich.

Der Grund für unseren Ortswechsel hat nichts mit dem Amateurfunk zu tun. Da hätte es wesentlich bessere Möglichkeiten gegeben. Andere ziehen des Funkens wegen in den hohen Norden, wo sie Antennen nach Lust und Laune aufstellen und endlich die DX-Verbindungen nachholen können, die sie in ihrem Leben verpasst zu haben glauben. Allerdings sind die Funk-Bedingungen in der Nähe oder oberhalb des Polarkreises auch nicht das Gelbe vom Ei. Anstelle von QRM aus dem Elektronikschrott der Nachbarn, plagt den OM der PCA (Polar Cap Absorption Effect). Da nützt dann die beste Antenne nichts, wie ich auf den Lofoten erleben musste. Im Buch "Propagation and Radio Science" von Eric Nichols KL7AJ werden u.a. auch die Funkbedingungen im hohen Norden gut beschrieben. Es ist nicht nur für Nordlandfunker lesenswert, sondern generell für Funkamateure, die sich für die Ausbreitung von Funkwellen interessieren.


Doch zurück zu den Beweggründen für unseren Umzug ins Alpental: Wer in Rente geht und die Möglichkeiten und Freiheiten hat, sich für seinen letzten Lebensabschnitt ein gutes und schönes Plätzchen zu suchen, sollte es tun. Doch alles kann man nicht haben, und so mussten wir uns zwischen unseren Wunsch-Destinationen entscheiden: den Alpen und dem Mittelmeer. Das Funkhobby hatte nur einen untergeordneten Einfluss auf den Entscheid. Wichtiger sind im Alter Dinge wie Infrastruktur, Gesundheit und Sicherheit. Eine Antenne kann man überall installieren. Das ist bloss eine Frage der Fantasie.

Was den Amateurfunk anbelangt, war ich nie ein grosser DXer oder Contester. Meine Interessen lagen mehr bei Selbstbau, Experimenten und in den Randbereichen des Radiospektrums. Lang- und Mittelwellen einerseits und Mikrowellen andererseits haben mich immer am meisten fasziniert. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich zum letzten Mal im klassischen DX-Band, auf 20m gefunkt habe.

An dem Kontakt mit meinen lokalen Funkkollegen war mir allerdings schon gelegen. Denn ich mag anregende technische Diskussionen. Doch wie erreicht man nun seine Funkfreunde, wenn man plötzlich auf der anderen Seite des Berges wohnt? "Natürlich über eine Relaisstation", werdet ihr sagen. Und an denen herrscht in der Schweiz wirklich kein Mangel. Unzählige Repeater dämmern auf Berggipfeln vor sich hin. In allen möglichen Betriebsarten und in allen möglichen Zuständen. Mit dem Internet vernetzt oder als einsame Wölfe. Die hört man auch heulen, wenn man im Alpental sitzt. Dank der guten Reflexion an den umliegenden Felswänden. Hier sind es etwa zwei Dutzend Relais, die ich empfangen kann. Sie sind zwar die meiste Zeit stumm, wie eine taube Nuss und ich frage mich, wer wohl den Strom für diese Geräte bezahlt. Oder für deren Unterhalt verantwortlich ist. Manche sind dermaßen neben der Frequenz, dass wohl kaum jemand vorbeischaut. Man hat sie mal hingesetzt und überlässt sie dem Zahn der Zeit.

Relais-Stationen sind aber nicht meine erste Wahl bei der Funkkommunikation. Das Internet schon gar nicht. Da kann ich gerade so gut das Smartphone oder die Glasfaser im Haus benutzen. Beim Amateurfunk bevorzuge ich die direkte Verbindung von meiner Antenne zur Antenne des Funkpartners oder Funkpartnerin. Trotzdem ist es gut zu wissen, dass da noch ein paar Relais wären, für den Fall der Fälle. 

Deshalb wird mein Handfunkgerät nur selten gebraucht. Für direkte Funkverbindungen über die Berge hinweg braucht es etwas mehr Antennengewinn und Leistung. 

Wie bei den Verbindungen über Relaisstationen setzte ich für Direktverbindungen ins Mittelland zuerst auch auf Reflexionen an den umliegenden Felszacken. Wir sind hier im Alpental quasi umzingelt von SOTA-Bergen. Ein gutes Dutzend dieser infrage kommenden Reflektoren liegen in Reichweite.

Doch bald stellte sich heraus, dass der beste Pfad ins Mittelland nicht über Reflexionen führte, sondern via Beugung (Diffraktion) an einem Hügelzug in nordöstlicher Richtung. Es waren die sanft geschwungenen Hänge der La Berra, die meinen VHF-Wellen einen Kanal öffneten. Interessanterweise direkt in die Bundeshauptstadt Bern. 


 Bild: Die La Berra 1719m HB/FR-028, etwa 6km von meinem Shack entfernt.

Zieht man eine Linie zum Gipfel, trifft sie in ihrer Verlängerung direkt auf Bern. Die Signale sind so gut, dass ich mit Stationen arbeiten kann, die in der Bundeshauptstadt mit dem Handsprechgerät unterwegs sind. Der Kanal ist dabei nicht auf Bern beschränkt und hat eine Streubreite von mehr als 30 Grad. Zwar sind in diese Richtung auch Verbindungen via Reflexionen an "meinen" Felszacken im Südwesten möglich, doch die Signale sind dabei wesentlich schwächer.

Bild: Verbindung Charmey - Bern

Die erwähnte Verbindung mit einem Handfunkgerät in Bern bedingt aber auch einen kräftigen Sender und eine Antenne mit Gewinn auf meiner Seite. Aktuell sind dies 100W aus einem Icom IC-9700 und dieser Antenne mit 10dBi Gewinn. Diese ist übrigens vertikal polarisiert. Aus dem einfachen Grund, weil heute die meisten auf VHF/UHF vertikal unterwegs sind. SSB Verkehr wie er noch in den 80/90er Jahren geläufig war und bei dem horizontale Yagis zum Einsatz kamen, ist selten geworden. Die meisten begnügen sich mit einem so genannten "Blindenstock". Einem weissen Stängel von Diamond. Auch bei den raren SSB-QSO's.

So ein Blindenstock ist übrigens etwas vom Unbrauchbarsten, was man in einer Tallage haben kann. Die Dinger strahlen schön flach - direkt in die Berghänge hinein und heizen bloss die Tannen auf. Elevation ist im Alpental gefragt. Und das nicht im esoterischen Sinn. 

Bei UKW-QSO's ist es wichtig, dass beide Stationen die gleiche Polarisation benutzen. Bei unterschiedlicher Polarisation beträgt die Dämpfung bis zu 20dB. Ein Umstand der heutzutage leider oft vergessen wird. 

Dieser spezielle Kanal vom Alpental nach Bern funktioniert nicht nur im 2m Band. Auch im 70cm und im 23cm Band sind Verbindungen möglich. Unter anderem kann ich die 70cm/23cm Relaisstation auf dem Lindenhofspital in Bern erreichen. Natürlich ebenfalls mit hoher Leistung und mit noch viel mehr Antennengewinn. Die 4m und 6m Wellen jedoch, haben es aber nicht so mit der Diffraktion. Die Signale im tieferen VHF-Bereich sind schwächer. Der Ausbreitungskanal Charmey-Bern scheint im 2m Band am besten zu funktionieren. 

Jenseits dieses speziellen Kanals, sind ebenfalls Stationen aus dem Südwesten zu erreichen. Auf 2m geht es bis hinunter nach Genf und in die angrenzenden französischen Regionen. Dann allerdings wieder per Reflexion. Hauptverantwortlicher Reflektor für diese Verbindungen dürfte der Moleson in 14 km Entfernung sein. Ein gewaltiger Felsklotz, der 2000 Meter hoch am Rand der Voralpen steht. 


Bild: Der Moléson, 2002m, HB/FR-019

Doch Richtung Osten, weiter in die Alpen hinein, wird es schwierig. Bei Verbindungen von einem Alpental ins andere hilft dann doch nur noch ein Relais oder aber die Kurzwelle. Wie es von hier aus auf den KW-Bändern aussieht und wie viel man mit einer bescheidenen Antenne erreichen kann, darüber werde ich in Teil 2 berichten.    

     

      

Freitag, 12. April 2024

Bodengewinn

 

Bild: Die Hochmatt (2152m), ein SOTA-Berg in meiner Nähe.

Es ist Frühling und wie immer sprießen nicht nur die Aprilglocken, auch neue Antennen sprießen wie immer in den Gärten und auf den Terrassen von Funkamateuren. Neben alten Konzepten, die seit Jahrzehnten in Antennen-Büchern rumschwirren, kommt ab und zu auch ein Neuling zum Vorschein.

Dann wird verglichen und gemessen, diskutiert und altes aus den Schubladen der Erinnerung geholt. Genau das will ich heute auch tun. In diesem Blog geht es aber nur vordergründig um die sogenannte Himmelstür. Eine Konstruktion aus Japan, die ich an meinem alten QTH ausprobiert hatte, und die in der Folge kontrovers diskutiert wurde. 

Ich möchte in diesem Blog heute nochmals auf den so genannten Bodengewinn (Ground Gain) hinweisen, der für uns Funker von entscheidender Bedeutung ist. Oft entscheidet er über Erfolg oder Misserfolg einer Antenne an einem bestimmten Standort. Bei Antennenmessungen und Vergleichen wird er jedoch meistens ignoriert.    

Bei horizontal polarisierten Antennen (z.B. Yagis) werden die abgestrahlten Wellen auch vom Boden vor der Antenne reflektiert. Bei einem gewissen Winkel sind beide Wellen in Phase und verstärken sich. Abhängig ist dieser Effekt von der Antennenhöhe/Wellenlänge und dem Terrain in Strahlrichtung. Im VHF/UHF-Bereich kann dieser Zusatzgewinn 5 bis 6 dB ausmachen.
Und das etwa bei einem Abstrahlwinkel von 3 Grad im 2m Band bei 10m Antennenhöhe. Auf 50 MHz sind es bei gleicher Antennenhöhe 9 Grad und im 70cm Band 1 Grad.

Wird die Höhe verdoppelt, halbiert sich der Abstrahlwinkel. Im 2m Band sind es dann noch 1.5 Grad. Allerdings wird dann das Richtdiagramm immer mehr aufgefächert in steilere Nebenkeulen, die immer stärker werden.

OZ1RH zeigt dies am Beispiel einer 2m Yagi mit einem Gewinn von 17.5 dBi im freien Raum.
Ist die Yagi nur 1/2 Wellenlänge, also 1m über Boden montiert, ergibt das nicht einen Bodengewinn, sondern einen Bodenverlust von -1.7dB. Bei 2m Aufbauhöhe hat sie aber schon einen Gewinn von 2.6dB, schielt aber mit 11 Grad ziemlich in die Höhe. Nicht gerade der Idealfall im flachen Land.
In 4m Höhe über Grund steigt der Bodengewinn bereits auf 4.8dB und die Hauptkeule hat noch 7 Grad Elevation. Bei 8m sind es dann 5.4 dB Bodengewinn bei 3.5 Grad.

Sitzt die Yagi inmitten von bebautem Terrain, wird die ganze Sache natürlich etwas unübersichtlich. Der Grundgewinn sinkt, die Fragmentierung der Nebenkeulen geht zurück. Trotzdem ist man gut beraten, den Bodengewinn bei der Errichtung seiner Antennenanlage zu berücksichtigen. Auch auf den kurzen KW-Bändern. Immerhin erhält man da schon 2.6 Gratis-dB, bei einer 10m Yagi auf einem 10m Mast - bei einem günstigen Abstrahlwinkel für DX.
Das gilt aber nur für horizontal polarisierte Antennen. Grundgewinn und Abstrahlwinkel von Vertikalstrahlern sind viel mehr von der Bodenleitfähigkeit abhängig.

Da der Bodengewinn derart variieren kann, sollten sich Gewinnangaben immer auf dBi im Freifeld beziehen - also ohne Berücksichtigung des Bodens. Alles andere ist m.E. irreführend.