Montag, 22. April 2024

Funken aus dem Alpental - Teil 2

 

Bild: Links Dent de Brenleire 2354m  HB/FR-003, rechts Dent de Folliéran 2340m HB/FR-041

Teil 2: Die Kurzwelle im Alpental.

Der Baum ist der Freund des Funkamateurs. Er ist ein geduldiger Befestigungspunkt für Drahtantennen aller Art. Natürlich sind Bäume viel mehr als Antennenträger und ich bin glücklich, vor dem Fenster meines Shacks eine ganze Reihe von ihnen zu sehen. Zu sehen, wie sie ihr Blätterkleid den Jahreszeiten anpassen, wie sie wachsen und den Eichhörnchen und Vögeln Unterschlupf gewähren. Eine mächtige Tanne steht 15m entfernt und wird bald das Haus überragen. Rechts davon wächst eine Rotbuche. Sie entfaltet im Frühling als letzte ihre Blätter. Gleich daneben stehen zwei Weiden. Nach ihrem üppigen Wachstum zu schließen, haben ihre Wurzeln viel Wasser gefunden. Etwas weiter weg behaupten ein Bergahorn und eine Hainbuche ihre Plätze. 

Natürlich wäre es ein Leichtes, vom Shack aus einen Draht zu spannen. Aber ich habe mich vorerst gegen diesen Schritt entschieden. Und das hat seine Gründe:

An einem neuen QTH ist es empfehlenswert, nicht gerade mit der Tür ins Haus zu fallen, beziehungsweise mit der Antenne in den Garten. Trotzdem hätte ich auch hier im Alpental wohl zuerst mal einen Draht gespannt. Als End Fed Antenne mit einem Unun

Ich habe es nicht getan, weil ich vor drei Jahren eine Antenne entdeckt habe, die ich bisher nur als Notlösung angesehen hatte: Die Magnetische Antenne.

Was zuerst nur ein Experiment gedacht war, aus Neugier geboren, entwickelte sich bald zu einer Faszination, die mich nicht mehr losließ (Hier ein Bericht aus dieser Zeit). Je mehr ich von diesen Loop-Antennen baute, desto mehr begann ich ihre Eigenschaften zu schätzen und sie immer besser zu verstehen. Ich begriff, wieso andere OM auf diesen Antennentyp schwören und ich verstand aber auch die, welche der Magnetloop nichts abgewinnen können. Und so kam es, dass ich anstatt einen simplen Draht zu den Bäumen hinter dem Haus zu spannen, eine Magnetloop unter dem Dach aufbaute. Nicht nur eine. Inzwischen habe ich hier eine ganze Reihe Magloop's auf- und wieder abgebaut. Meine letzte Loop habe ich Omega-Loop genannt. Mal sehen ob es dabei bleibt oder ob ich sie umbenennen muss. 

Eine Antenne im Haus hat ihre Vor- und Nachteile, ob es nun eine elektrische oder magnetische ist. Aber ein entscheidender Vorteil ist der, dass man an seiner Antenne jederzeit herumbasteln kann, ob es stürmt oder schneit. Je älter man wird, desto mehr beginnt man, diesen Umstand zu schätzen. Muss man als älterer OM aufs Dach, weil das Kabel abgesoffen ist, wird es kritisch. Ab einem gewissen Alter wird schon die Leiter zu einem Risiko. 

Doch kommen wir zu des Pudels Kern: Was kann die Kurzwelle, wenn man im Alpental sitzt?

Da gibt es eine gute Nachricht und eine schlechte: Die gute Nachricht ist die, dass natürlich auch über dem Alpental eine Ionosphäre vorhanden ist. Über diese funken wir, wenn wir die Kurzwelle benutzen. Meistens auf jeden Fall. Nur wer im flachen Land oder am Meer wohnt, kann über nennenswerte Verbindungen mittels Bodenwelle berichten. Aus dem Alpental hinaus schafft es die Bodenwelle kaum. Muss sie über den Berg, geht ihr der Schauf aus. 

Die schlechte Nachricht wird viele Funkamateure erschrecken: Aus dem Alpental ist DX schwierig. Wenn andere Funker seltene Inseln erreichen und SSB-Verbindungen mit allen Kontinenten genießen, ist der Alpental-Funker meist zum Zuhören verdammt. Der Unterschied ist frappant. Wenn mein Funkkollege auf dem Hügel im Mittelland mit Australien parliert und 59 gibt, höre ich im Tal meist nichts.

Das liegt nicht an der Antenne. Sondern ausschließlich am Abstrahlwinkel. Elevation oder Höhenwinkel genannt. Um DX zu arbeiten müssen die Radiowellen möglichst flach abgestrahlt werden, damit sie möglichst weit kommen, bevor sie an der Ionosphäre reflektiert werden. Das ist das A und O des DX. Wenn du DXer bist und gerne in die Berge ziehen möchtest: mache dich nicht unglücklich. Wähle statt dessen ein QTH am Meer. Es ist ein riesiger Unterschied, ob dein Funksignal zum ersten Mal in 3000km auf die Ionosphäre trifft, oder bereits nach 1000km.

Nicht dass DX ganz unmöglich wäre. Auch in einem Alpental gibt es irgendwo eine Lücke, wo die Berge nicht so hoch sind. Meistens talabwärts. Bei mir liegt in dieser Richtung Brasilien. Da sind ab und zu Verbindungen möglich. In andere Richtungen, wo besonders hohe Berge die Abstrahlung behindern, ist gar nichts zu machen. Stationen aus den USA höre ich nur schwach und selten. Da nützt es auch nichts, eine Antenne zu bauen, die besonders flach strahlt. Im Gegenteil, Mit einer flach strahlenden Antenne - zum Beispiel einem Beam - strahlt man nur die Felswände an.  

Mit Abstrahlwinkeln von 30 Grad macht man zwar kein DX, doch für kürzere Strecken funktioniert die kurze Welle aus dem Alpental ausgezeichnet. NVIS im Umkreis von ca. 500km geht sehr gut und bei Europa QSO's kann man mit Stationen aus dem flachen Land durchaus mithalten. 

Und da kommt jetzt die Magnetloop-Antenne ins Spiel. Diese Art Antenne, vertikal aufgebaut, strahlt in allen Elevationswinkeln. Sie ist insbesondere auch ein sehr guter NVIS-Strahler. Darum findet man sie beim Militär auch oft auf Bodenfahrzeugen montiert. Zum Beispiel auf Humvees der USA. Dort dienen sie der Kurzstrecken-Kommunikation jenseits der Reichweite der Bodenwelle. Das Militär arbeitet dabei im Frequenzbereich 2 - 10 MHz.

Erstaunt bin ich immer wieder, wie gut meine Omega-Loop auch in SSB im 80m Band spielt. Bei Schweizer-Runden oder Verbindungen ins nahe Ausland ist sie durchaus vergleichbar mit Kurzdipolen oder Kompromissantennen wie der ZL6BKW. Im 80m Band setze ich bei SSB-Betrieb die vollen 200 Watt meines Icom IC-7700 ein. Dies übrigens mit maximaler Kompression, was der Verständlichkeit sehr zugute kommt. Sprachkompression mit einem optimal eingestellten Frequenzgang kann eine Kilowatt-Endstufe wettmachen. Ein Umstand, dem oft nicht genügend Beachtung geschenkt wird.  

Da man - mit einigen Ausnahmen - im Talkessel auf NVIS und Europa-QSO limitiert ist, kann man sich auf die Bänder konzentrieren, die am besten dafür geeignet sind. Also auf 40m und 80m. Dabei sollte man auch das neue 60m Band im Auge zu behalten. Es ist mit seinen drei SSB-Kanälen, dem FT-8 Kanal und den ca. 2.5 kHz, die noch für CW übrig bleiben, zwar winzig klein. Aber es ist ein ausgezeichnetes NVIS-Band für kurze Distanzen von einigen hundert Kilometern. Über NVIS habe ich in diesem Blog schon viel berichtet. Kurz gesagt: Es ist eine Bezeichnung für steil strahlende Verbindungen über die Ionosphäre, mit Distanzen bis ca. 500km. Wichtig dabei ist, dass man die richtige Frequenz auswählt. Also die Frequenz, bei der die Ionosphäre eine steile Einstrahlung noch reflektiert, und dass man dazu auch eine Antenne benutzt, die wie ein Springbrunnen ihre Wellen in den Aether schickt. Dass das nicht im 10m Band funktioniert und dass dazu Vertikalantennen weniger geeignet sind, ist wohl den meisten klar.

In Zeiten des Sonnenfleckenmaximums eignet sich auch das 30m Band für den Funkverkehr aus dem Alpental. Oft steigt die Senkrecht-Grenzfrequenz in der Tagesmitte über 10 MHz. Und natürlich sollte man auch das 160m Band nicht vergessen. Leider passen 160m Wellen und Magnetloop Antennen schlecht zueinander. Die Effizienz der Magnetloop nimmt in Relation zur Wellenlänge in der vierten Potenz ab und die nutzbare Bandbreite genügt nicht mehr für ein SSB-Signal. Doch darüber habe ich bereits an anderer Stelle geschrieben.     

Nicht nur Alpentalbewohner, sondern auch DXer sollten die Webseite von G4KNO gut studieren. Darin wird der Zusammenhang zwischen Abstrahlwinkel und Sprungdistanz eingehend erläutert und man findet dort auch entsprechende Diagramme. Zudem erklärt die Seite auch, wie man ein Ionogramm interpretiert. Inogramme sind ein ausgezeichnetes Mittel um den Zustand der Ionosphäre einzuschätzen. Während der DXer im flachen Land am Morgen zuerst in den Cluster guckt, schaue ich mir die Ionogramme der europäischen Sonden an. Einige Sonden in der Nähe findet ihr rechts in der Spalte "interessante Links". 

                

4 Kommentare:

  1. Wieder ein sehr guter Beitrag, die Verbesserung durch Sprachkompression (ordentlich eingestellt) mit einem K3 ist gigantisch 73 de DL7EM

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  2. Hoi Anton
    Ich bin auch ein Fan von magLoops.
    Habe wie Du schon diverse gebaut.
    Normal für portabel.
    Die momentan aktuellste kann 30-15m. Optimal ist das 20 und 17m Band. Sind die Conx einigermassen komme ich mit 1 Watt nach ganz Europa (ich bin in SV8 Lesvos - fast Asien). Danke für die positive Betrachtung der magLoop.

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  3. Das war von Erich SV8/HB9FIH 73

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  4. Der Alm-Öhi hätte also auch DXen können ...

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