Blick vom Mont Coudon auf die Stadt Toulon. Rechts im Bild der Mont Faron
Mit dem Lafayette HA-350 hatte ich nun einen Empfänger, der die damaligen Amateurfunkbänder auf Kurzwelle abdeckte: 80m, 40m, 20m, 15m und 10m in 600kHz Abschnitten. Zudem noch 14.5 - 15.1 MHz, um die Zeitzeichen-Stationen WWV auf 15 MHz zu hören, die nicht nur die genaue Zeit sendeten, sondern auch frequenzgenau waren.
Für die Rundfunkbänder war der HA-350 nicht vorgesehen, doch dafür hatte ich ja noch Grossvaters Autophon. Mit dem Lafayette konzentrierte sich meine Tätigkeit als SWL nun hauptsächlich auf den Amateurfunk. Doch meine nächtlichen SWL Aktivitäten hatten keinen guten Einfluss auf meine schulischen Leistungen. Meine Noten in Französisch - einer Sprache, die ich nicht mochte - wurden von schlecht zu katastrophal. Hätte mir damals jemand prophezeit, dass ich in ferner Zukunft einen französischen Pass besitzen würde und dass ich in der Romandie, in Charmey wohnen würde, ich hätte dies als dummen Witz aufgefasst. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Doch zurück zum HA-350. Dies hier soll ja kein Lebenslauf sein, sondern eine Erinnerung an meine Funker-Laufbahn.
Scrollt man beim Eintrag von Rigpix für den HA-350 nach unten, bekommt man auch einen Blick ins Innere des Empfängers. Zudem kann man das User Manual herunterladen, in dem das Schema enthalten ist. Ich muss immer wieder staunen, wie viele Funkamateure ihre Kiste noch nie aufgeschraubt und einen Blick unter die Haube geworfen haben. Das wäre früher unvorstellbar gewesen.
Mit seinen 12 Röhren bot der Lafayette einen beeindruckenderen Anblick als der fast leere Innenraum seines Vorgängers, des Hallicrafters S-120. Das schlug sich auch in den Empfangsleistungen nieder, die wesentlich besser waren. Der Empfänger war im 80m Band ein Einfachsuperhet mit einer Zwischenfrequenz von 455 kHz. Im Bild seines Innenlebens ist das mechanische ZF-Filter für SSB gut zu sehen. Für AM genügten Spulenkreise. Die anderen Bänder von 10m bis 40m wurden mithilfe eines Quarzoszillators und eines zweiten Mischers ins 80m Band umgesetzt. Bei diesen Bändern war der HA-350 also ein Doppelsuper mit einer variablen ZF von 3.5 - 4.1 MHz. Um trotzdem eine genügende Vorselektion zu erhalten (Spiegelfrequenzunterdrückung!), besass der Empfänger einen Preselector - ein abstimmbares HF-Filter am Antenneneingang. Ein damals gängiges Prinzip, wie wir es z.B. auch bei den Geräten von Drake wiederfinden. Aus heutigen Geräten ist der manuell abstimmbare Preselector verschwunden.
Apropos mechanische Filter: Diese wurden ab den 50er Jahren in hochklassigen Empfängern eingesetzt, da mit Spulenfiltern keine so gute Selektion erzielt werden konnte. Quarzfilter kamen erst später zum Einsatz, weil diese billiger in der Herstellung waren. Heute hat die digitale Signalverarbeitung auch diese ersetzt.
Wie gut war der HA-350 damals? In meinen Erinnerungen war er natürlich das Non Plus Ultra. Dass ich damals in den Nachtstunden auf dem 40m Band nur einen undurchdringlichen Wellensalat hören konnte, schrieb ich den vielen Rundfunkstationen zu, die damals nicht nur das nahe 41m Band bevölkerten, sondern häufig auch Frequenzen im Amateurfunkband besetzten. Dabei hatte das 40m Band in Europa schon das Handicap, nur 100kHz breit zu sein. Die US-Amateure konnten sich hingegen auf ganzen 300 kHz tummeln.
Wie gut der HA-350 wirklich war, fand ich erst Jahrzehnte später heraus. Dann, als ich den Fehler beging, einen alten HA-350 im Internet aufzustöbern und aus nostalgischen Gründen zu kaufen. Ein Fehler, den ich im Verlaufe der nächsten Jahrzehnte noch mehrmals machte. Immer wieder kaufte ich ein altes Gerät, an das ich gute Erinnerungen geknüpft hatte. Und immer wieder machte ich von neuem die Erfahrung, dass uns unsere Erinnerungen täuschen können. Erst kürzlich hat sich bei mir diese besondere Lernresistenz verflüchtigt.
Der alte HA-350 war keineswegs so gut, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Im Vergleich zu neueren Empfängern war sein Grosssignalverhalten schlecht und die Bänder voller Phantomsignale. Auch fehlte es ihm an Empfindlichkeit und Frequenzstabilität. Auch das fehlende CW-Filter störte mich nun. Doch all das hätte ich eigentlich wissen müssen.
Trotzdem konnte ich mit dem Gerät in den sechziger Jahren DX-Stationen aus der ganzen Welt hören. Und manchmal kam sogar eine QSL-Karte als Antwort auf meine SWL-Karte zurück. Mein Empfangsrufzeichen, das mir damals von der Generaldirektion der PTT zugeteilt worden war, lautete HE9GPB. Die PTT war, wie aus der Abkürzung hervorgeht für Post, Telephon und Telegraph zuständig. Darunter fielen auch Radio und Fernsehen und die ganze Funkkommunikation. Die GD PTT war ein eigenes "Königreich" innerhalb der Schweiz. Zwar unter Oberaufsicht des Bundesrates doch de facto Legislative, Exekutive und Judikative zugleich. Die Funkamateure waren vom Wohlwollen dieses "Königsreichs" abhängig. Dieses wurde uns in der Regel auch gewährt.
Hier ein Bespiel für die QSL Karten, die ich als SWL damals erhielt:
1964 befand sich die Sonnenaktivität auf einem Minimum, nach dem höchsten Maximum aller Zeiten 1957. 10m war tot und auch auf 15m war selten etwas zu hören. Der Amateurfunkverkehr konzentrierte sich auf die längeren Bänder. Da der Empfang auf 40m nachts ungeniessbar war, konzentrierte sich meine Hörtätigkeit in dieser Zeit auf das 20m Band. Doch die Sonne kam rasch wieder in die Gänge und bereits im Winter 67/68 stieg die Sonnenfleckenzahl wieder über die 100er Marke. Doch das darauf folgende Maximum 1969 war eine Enttäuschung. Es war ein schwaches Maximum, wie man aus dieser Aufzeichnung der NOAA ersehen kann. Doch für mich waren die guten Funkbedingungen 1969 ein Ansporn. Denn Ende des Jahres wurde ich 18 Jahre alt und das bedeutete, dass ich dann endlich die Amateurfunklizenz machen konnte. Dass das nicht so lief wie geplant, konnte ich damals nicht ahnen. Doch bevor wir zu diesem Stolperstein auf meinem Lebensweg kommen, werde ich mich in meinem nächsten Beitrag zuerst noch einem anderen, etwas heiklen Thema widmen:
Einem Tun das glücklicherweise längst verjährt ist: meinen Sendeversuchen. Auch dazu gibt es in meinen Unterlagen keine Fotos oder Schaltpläne und ich werde das damalige Geschehen allein aus meiner Erinnerung rekonstruieren müssen. Wieso nichts als meine Erinnerungen aus dieser Zeit übrig geblieben ist, liegt daran, dass ich damals nicht in einem Verein war und meine Versuche nur mit ein paar gleichgesinnten Freunden teilen konnte. Einen Funkamateur als Mentor hatte ich nie. Während sich meine Schulkollegen in ihrer Freizeit mit Fussball und anderen Freizeitaktivitäten beschäftigten, werkelte ich lieber allein in meiner Funkbude und lauschte den Signalen aus dem Äther. Es ist kaum abzustreiten: ich war ein Einzelgänger und machte gerne mein eigenes Ding.
Mein nächster Blogeintrag heisst: Erinnerungen eines Funkamateurs 4 - Sendeversuche und soll im Dezember erscheinen.



Danke Anton, dass du deine Leser an deiner funkamateurischen Entwicklung teilhaben lässt!
AntwortenLöschenGruß Stefan, DL8SFZ
Bei mir war es umgekehrt. Weil ich auf 7 MHz mit Frankreich sprechen konnte wurden meine Noten in Französisch besser. DL9NBX
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