Zu Beginn der sechziger Jahre erhielt meine Faszination der kurzen Welle neuen Schwung. Ich wurde zum SWL, zu einem passionierten Kurzwellenhörer. Immer auf der Suche nach neuen Rundfunkstationen. Von der Existenz des Amateurfunks wusste ich damals noch nichts, obwohl mir manchmal Signale auffielen, aus denen ich nicht schlau wurde. Morsen konnte ich noch nicht und SSB konnte ich nicht empfangen. Zwar war ich nicht mehr auf das Radio aus dem Philips Baukasten angewiesen; das Radio meines Grossvaters hatte den Weg in mein Zimmer gefunden.
Hier das Datenblatt aus meinen Unterlagen und das Schaltbild des Autophon-Empfängers:
Wie in allen Radios dieser Zeit kann man auch hier keinen Transistor entdecken. Die Elektronik war damals noch fest im Griff der Röhrentechnik. Die Ultrakurzwelle war mir nur aus der Literatur bekannt. Im Rundfunk spielte sie damals noch keine Rolle. UKW wurde in der Schweiz erst in den Siebzigerjahren eingeführt. Doch darüber mehr in einer späteren "Erinnerung" hier im Blog.
In den Haushaltungen lief das Radio meist auf der Mittelwelle. Gehört wurde der
Landessender Beromünster auf 531 kHz und in der französischsprachigen Westschweiz
Sottens auf 765 kHz. Im Tessin stand die Skala auf 558 kHz für den Sender
Monte Ceneri in italienischer Sprache.
Dass der Sender Sottens später in meinem Leben als Amateurfunker noch eine wichtige Rolle spielen würde, ahnte ich damals natürlich nicht.
Zuerst einmal spielte der kaputte Biennophone, von dem ich leider keine Unterlagen besitze, eine entscheidende Rolle. Denn sein Lokaloszillator funktionierte noch und es gelang mir, diesen auszukoppeln und als als Überlagerungsoszillator für den Autophon zu benützen. Etwas umständlich zwar, doch damit konnte ich zum ersten Mal Aussendungen in SSB im 40m Band hören. Es waren Amateurfunkstationen. Doch noch hielt ich sie nicht für Funkamateure. Die abgehörten Gespräche waren, wenn auch in deutscher Sprache, sehr seltsam und voll unverständlicher Abkürzungen. Wohl eine Art Geheimsprache, dachte ich.
Doch dann erzählte mir eines Tages ein Junge aus einer anderen Schulklasse, sein Vater sei Funkamateur. Er habe eine Station zuhause, mit der er Kontakt mit der ganzen Welt aufnehmen könne. So wurde denn ein Besuch arrangiert und für mich tat sich eine neue Welt auf. Die Cubical-Quad auf dem Haus des Schulkollegen war mir zwar schon früher aufgefallen, doch ich hatte das seltsame Gebilde für eine Art Vogelscheuche gehalten. Die Erklärungen des Funkamateurs und die Demonstration seiner Station - er besass eine
Drake Line - weckten in mir den Entschluss, auch eines Tages Funkamateur zu werden. Dieser Besuch war gewissermassen die Initialzündung. Nicht nur zu meinem Weg zum Funkamateur sondern auch zu meiner beruflichen Laufbahn.
Eine Drake Line sollte später auch in meinem Shack eine wichtige Rolle spielen. Auch eine Cubical Quad. Allerdings eine tragische. Sie schaffte es nie auf ein Hausdach, klappte vorher zusammen und wurde tatsächlich zu einer Art Vogelscheuche.
Voll mit frischem Impressionen und mit geliehenen Büchern ging ich in der nächsten Zeit an den Bau eines eigenen Empfängers. Der Autophon mit dem kaputten Biennophon als externer BFO genügte mir nicht mehr. Ich wollte Einseitenband besser empfangen können und auch den Signalen der Funkamateure auf anderen Bändern lauschen. Dem 80m Band zum Beispiel, wo die Schweizer Sonntagsrunde stattfand.
Wir schrieben das Jahr 1962 und inzwischen gab es auch andere Germanium Transistoren. Den
AF124 zum Beispiel, der im Gegensatz zum OC75 auch für Hochfrequenzverstärkung geeignet war. Der steckte nicht mehr in einem schwarz angemalten Glasröhrchen, sondern in einem kleinen Metallgehäuse. Und als besonderes Merkmal besass er vier anstatt nur drei Beine. Das vierte Bein war mit dem Gehäuse verbunden, das den Transistor abschirmte.
Mit dem AF124, bzw. seinem Vorgänger AF114 habe ich zwei so genannte
Audion Empfänger gebaut. Ein Prinzip mit einer rückgekoppelten Verstärkerstufe. Beginnt die Stufe zu schwingen, können CW und SSB Signale decodiert werden. Als nachfolgender NF-Verstärker dienten mir die beiden OC75 aus dem Philips Baukasten. Audion-Empfänger waren damals bei Bastlern sehr beliebt. Ihre Schaltung war einfach, benötigte nur wenige Bauteile und war trennscharf. Um AM Signale zu empfangen wurde die Rückkopplung so eingestellt, dass der HF-Verstärker gerade kurz vor seinem Schwingeinsatz stand.
Mein erstes Audion fand in einem selbst gezimmerten Holzgehäuse Platz und war für das 80m Amateurfunkband ausgelegt. Endlich konnte ich die Sonntagsrunde empfangen und den interessanten Gesprächen der Schweizer und deutschen Funkamateuren lauschen.
Das zweite Audion deckte das 40m Band ab und ich hatte mir dafür extra ein Metallgehäuse im Elektronikladen in Bern besorgt. Es lief sehr gut und ich war stolz auf mein Werk. Zumindest bis ich mit meinen Eltern im
Pfynwald beim Ostercamping war. Dort war ebenfalls ein Funkamateur zugegen. Er hatte zwar keine Station dabei, aber mein Vater machte mich auf den Mann aufmerksam: "Das ist ein richtiger Funkamateur. Speich doch mal mit ihm!"
Was ich leider auch tat. Ich zeigte dem Funkamateur mein selbst gebautes 40m Audion und als er mich aufforderte, den Deckel abzuschrauben und ihm das Innere zu zeigen, erwartete ich nichts anderes als ein Lob für mein Werk. Doch das Gegenteil war der Fall: "Dein Gerät ist nicht sauber aufgebaut. Die Verdrahtung ist wie ein Vogelnest", beschied er mir.
Doch sein Urteil hatte auf meine zukünftigen, selbst gebauten Geräte keinen Einfluss. Auch heute noch baue ich Vogelnester. Funktion vor Schönheit, lautet mein Motto für Selbstgebautes. Bin halt kein Künstler, sondern ein Homo Faber.
Leider habe ich die beiden Empfänger nicht mehr. Sie sind, wie die meisten anderen Dinge meines Funkerlebens hinter dem Vorhang der Zeit verschwunden. Weder Bilder noch Schaltbilder sind übrig geblieben.
Auch der Nachfolger meiner selbst gebauten Audion-Empfänger ist schon längst verschollen. Wahrscheinlich habe ich ihn mal verkauft um mit dem Erlös Bauteile im Elektronikladen zu kaufen. Schon bald kam bei mir der Wunsch auf, einen Empfänger zu besitzen, der den ganzen Kurzwellenbereich abdeckt. Um einen
Superhet zu bauen, zudem noch einer, der den ganzen Bereich von Mittelwelle bis 30 MHz abdeckt, dazu war ich damals nicht in der Lage. Aber man kann Empfänger auch kaufen, wenn man einen spendablen Onkel hat. So kam ich schliesslich zu meinem ersten "richtigen" Kurzwellenempfänger, einem
Hallicrafters S-120. Der erste einer ganzen Reihe von Empfängern, die bei mir über den Schreibtisch wanderten, den ich jetzt Stationstisch nannte.
Der S-120 -
hier im SWL Blog schön zu sehen - war ein sehr einfaches Gerät mit vier amerikanischen Röhren: 12BA6, 12BE6, 12AV6 und 50C5. Hallicrafters war damals eine renommierte Firma in Chicago, die neben günstigen Empfängern auch hochklassige Geräte herstellte. Den S-120 habe ich im
virtuellen Hallicrafters Museum nicht gefunden. Die Firma wurde 1966 aufgelöst, sie hatte ihren Zenith längst überschritten. Der S-120 war kein Meisterstück, sondern ein Billigmodell. So waren auch seine Leistungen. Es war ein Einfachsuper mit einer ZF von 455 kHz. Die Spiegelfrequenz-Unterdrückung war deshalb mehr als bescheiden. Mindestens hat er seinen Eingang in das
Radio Museum gefunden, der Webseite der Radiosammler.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich auf dem Camping-Platz im
Rimini mit dem S-120 den Kurzwellensenders
Schwarzenburg hörte. Doch für den Amateurfunk war er zu wenig empfindlich und trennscharf und im 40m verursachte die Spiegelfrequenz zusammen mit dem ungenügenden Dynamikbereich ein undurchdringliches Tohuwabohu.
Deshalb machte er bald einmal seinem Nachfolger Platz auf meinen SWL Stationstisch. Auch wieder ein Amerikaner. Ein
Lafayette HA-350 aus Syosset bei New York. Er hielt es bei mir wesentlich länger aus, als sein Vorgänger und erlebte noch meine Prüfung bei der Generaldirektion PTT für die Lizenz als Funkamateur. Bis dahin sollte es aber noch einige Jahre dauern. Die Lizenz konnte hierzulande erst mit 18 Jahren gemacht werden.
Über den HA-350 und meine weiteren Funkabenteuer aus den 60er Jahren mehr im nächsten Beitrag: Erinnerungen eines Funkamateurs 3 - HA-350.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen