Mittwoch, 31. Dezember 2025

Erinnerungen eines Funkamateurs 7 - Wie ich zur Kurzwelle kam

Ich weiss nicht, wie das bei anderen Menschen ist, aber meine Erinnerungen an die Vergangenheit sind nicht präzise chronologisch geordnet. Manchmal geraten Ereignisse in der Zeit durcheinander. Manche Erinnerungen verschieben sich im Laufe des Lebens und geraten in Konflikt mit anderen. Man könnte auch von einer gewissen Unschärfe der Erinnerungen sprechen. Obwohl einige Ereignisse wie Leuchtfeuer aus dem Meer der Erinnerungen herausragen, die mit ihrem Lichtstrahl einzelne Inseln der Vergangenheit klar zu beleuchten scheinen, als wäre es erst gestern gewesen, ist ihnen nicht immer zu trauen.

Immerhin steht in meinem Radiotelegrafisten-Ausweis ein klares Datum: der erste Juli 1971. Ab diesem Datum stand mir die Kurzwelle offen.

Doch wie kam es, dass ich die Morseprüfung endlich bestand? Habe ich einfach weiter im stillen Kämmerlein morsen geübt und Zeichen vom Tonband gehört und aufgeschrieben? So ein Tonband-Gerät war damals eine tolle Sache und stand nicht nur in Radiostudios, sondern auch bei technisch interessierten Menschen. Meines war damals von Philips und hatte ein magisches Auge. Schon seit Jahrzehnten besitze ich kein Tonband mehr und ehrlich gesagt, ich vermisse es gar nicht. Was braucht man denn heute so, wenn man Töne aufzeichnen möchte?

Aber jetzt bin ich vom Thema abgeschweift. 

Irgendwann in meiner UKW-Zeit tauchte bei mir eine neue Idee auf, ein neuer Berufswunsch. Ich wollte nicht mehr Pfarrer werden, wie damals, als ich noch ein kleiner Junge war. Ich wollte mein Hobby - den Funk - zu meinem Beruf machen. Ich wollte Schiffsfunker werden. Damals war ich an Wochenenden oft auf dem Brienzersee in einer kleinen Segeljolle unterwegs - einem 420er - die meinen Eltern gehörte. Funkend auf dem Wasser unterwegs zu sein, schien mir ein Idealzustand. 

So schrieb ich mich an der Abendschule für Schiffsfunker ein, die es damals in Bern gab. Das kommt euch vielleicht komisch vor. Doch die Schweiz, mitten in Europa, ohne Zugang zum Meer, hat mehr mit Schifffahrt zu tun als man vermuten könnte. Auch heute noch, obschon es keine Schiffsfunkerschule mehr gibt. Auch keine "Küstenfunkstation" mehr, wie damals in der Nähe von Bern.

Der Zufall wollte es, dass ich bei einem Verkauf von Altmaterial einen kommerziellen Schiffsfunkempfänger kaufen konnte. Einen CR300 von Marconi. Ein sehr interessantes Gedrät, das neben Langwellen runter bis 15kHz und KW hinauf bis 25MHz, auch den Bereich 210 bis 550 kHz empfangen konnte. In diesem Bereich war unter anderen der Schiffsfunk angesiedelt, der damals natürlich in Telegraphie abgewickelt wurde. Anruf- und Notruffrequenz war 500 kHz. Dort in diesem Mittelwellenband wickelte sich früher der Hauptteil des Schiffsfunk-Verkehrs ab. Wer mehr zu diesem Thema wissen möchte, dem empfehle ich dieses Buch.

Mit dem Marconi CR300 hörte ich des Nachts dem Schiffsfunk zu, wenn die Ionosphäre Mittelwellen-Signale der Küstenfunkstationen vom Mittelmeer und von der Nordsee bis in die Schweiz trug. Als Antenne benutzte ich den bereits erwähnten Draht unbestimmter Länge zwischen Espe und Apfelbaum des Elternhauses. Für mich war es die ideale Ergänzung zur Abendschule für Schiffsfunker, gewissermassen Training on the Job. Nach den Morseübungen und Unterweisungen in den Tätigkeiten eines Schiffsfunkers in der Schule, lauschte ich der Praxis im CR300 und stellte mir dabei vor, ich wäre Funkoffizier an Bord eines Handelsschiffes. Ein Traum, der leider nie in Erfüllung ging.

Schade, dass ich diesen Empfänger nicht mehr besitze. Er war trotz seines respektablen Alters ein sehr gutes Gerät. Ein richtiger Boat Anchor wie die Amerikaner sagen - ein Bootsanker. 25 Kilo schwer, in den Jahren 1943 bis 1946 in England hergestellt. Hier ist das Schaltbild des Marconi CR300 zu sehen. Und hier die Beschreibung dazu.

Ich habe später noch eine ganze Reihe von verschiedenen professionellen Empfängern auf meinem Stationstisch gehabt. Aber darüber mehr in einem späteren Kapitel meiner Erinnerungen.

Die Schiffsfunkerschule hatte meine Morsefähigkeiten soweit gefördert, dass ich die Morseprüfung für die Amateurfunklizenz problemlos bestehen konnte. Aber die Schiffsfunkerprüfung habe ich dann nicht gemacht. Denn inzwischen hatten sich meine Berufswünsche wieder in eine andere Richtung entwickelt. Ingenieur zu werden dünkte mich nun ein lohnenderes Ziel, als Seemann zu werden. Ich könnte ja später gleichwohl auf den Meeren segeln, wenn aus meinem 420er mal ein grosser Kahn geworden wäre. Tatsächlich ist das dann auch so gekommen. Allerdings kam es nie zu einer Weltumsegelung wie ich sie im Sinne hatte. Das Schicksal hatte für mich andere Dinge vorgesehen. Träume kommen und gehen. Einige platzen wie Seifenblasen, andere werden Wirklichkeit.

Doch zurück zum eigentlichen Thema: meiner ersten Kurzwellenstation. 

Einen Empfänger hatte ich ja schon, den HA-350 von Lafayette. Fehlte nur noch der passende Sender. Hier kam mir der Zufall zu Hilfe. Mein Vater schloss Bekanntschaft mit einem Funkamateur, der einen Sender zu verkaufen hatte. Der Preis war günstig, doch der hatte einen Haken: das Teil war noch im Bau und musste vom Käufer vollendet werden. Trotzdem stürzte ich mich in das Abenteuer. So standen bald einmal zwei grosse, schwere Ungetüme auf meinem Tisch: ein Netzgerät und ein Sender. Beide so gross wie der Marconi. Diesen hatte ich übrigens wieder verkauft, um das Geld für den Sender zu haben. Der halbfertige Sender hatte aber noch einen zweiten Haken, der mir in meiner Begeisterung nicht aufgefallen war. Er konnte nur CW und AM, für Einseitenbandmodulation war er nicht gerüstet. Dies zu ändern, überstieg damals meine Fähigkeiten. So verschwand der unfertige Sender im Keller. Sein weiteres Schicksal war eher traurig: er wurde mit der Zeit kannibalisiert und zum Spender einiger Bastelprojekte.

Damit ich doch noch auf Kurzwelle in den Äther gehen konnte, musste der Lafayette dran. Er wurde zwecks Geldbeschaffung verkauft und schliesslich kaufte ich einen japanischen Transceiver. Es war ein Kenwood/Trio TS-590. Zu einem grossen Teil mit Röhren bestückt und wie wir im folgenden Video sehen können, ein Gerät, das auch heute noch im Funkverkehr mit modernen Transceivern mithalten kann: 


         

Auf RigPix sind auch das Operating Manual und das Service Manual zu finden. Besonders in letzterem kann man den kompakten Aufbau dieses Röhrentransceivers bewundern. Ein Nachteil, der sich heute beim Kauf eines alten TS-510 meist offenbaren wird, sind die Gummiriemen, die zum Antrieb der Kondensatoren im Sender verwendet werden. Sie werden im Laufe der Jahre brüchig und müssen ersetzt werden. Schon damals bekamen sie nach ein paar Jahren Betrieb Risse. In späteren Kenwood-Modellen wurden die Drehko-Antriebe durch Ketten ersetzt.

Als Antenne diente nun nicht mehr der "Draht zufälliger Länge", sondern ein selbst gebauter Multiband-Dipol. Heutzutage muss man einen solchen Fächerdipol nicht mehr selbst bauen, man kann ihn kaufen. Er besteht aus Einzeldipolen für jedes Band, die zentral zusammen gespeist werden. Vom Speisepunkt aus gehen die einzelnen Dipole dann fächerförmig auseinander. Damals hatten wir nur die fünf KW-Bänder 10, 15, 20, 40 und 80m. Das 160m Band (Mittelwelle!) war weniger populär und in vielen Tranceivern nicht enthalten. Die WARC-Bänder 12, 17 und 30m wurden erst 1979 dem Amateurfunk zugeteilt. 

So ein Fächerdipol ist nicht einfach abzugleichen. Auch wenn die Längen der einzelnen Dipole genau abgemessen werden, müssen sie nachgetrimmt werden. Dabei ist es so, dass sich die einzelnen Dipole gegenseitig beeinflussen. Verkürzt man einen, dann ändert sich bei anderen die Resonanzfrequenz. Eine Sisyphusarbeit. Doch Röhrenendstufen sind bezüglich SWR nicht so empfindlich und auch bei einem SWR von 1:3 muss man sich keine grossen Sorgen machen. Schliesslich hat man da ein Pi-Filter zur Abstimmung. Dieses Pi-Filter, das von Hand abgestimmt werden musste (Load- und Plate-Regler) hat in modernen Transceivern in Form eines automatischen Antennentuners Ersatz gefunden.

Nehmen wir mal an, du hast einen alten TS-510 oder ein anderes Gerät mit Röhrenendstufe gekauft und die Gummiriemen wenn nötig ersetzt. So stimmst du den Sender ab:

-Stimme zuerst den Empfänger mit der Antenne ab. Drehe dabei den Drive-Regler auf grösste Signalstärke. Denn der Drive wirkt sowohl auf die Senderabstimmung als auch auf den Preselector des Empfängers. Dann gehe auf einen Dummy Load für die Senderabstimmung.

-Stelle den Schalter für das Messinstrument auf Ip (Anodenstrom) und den Regler Plate auf Maximum. Den Regler Load sodann auf das gewünschte Band (wie den Bandschalter).

-Gehe auf CW und drücke die Taste (max. 10sec). Drehe "Plate" rasch auf ein Minimum (Dip). Ip sollte dabei 200mA nicht überschreiten.

-Schalte das Messinstrument nun auf RF (Ausgangsleistung)

- Drücke wieder die Taste (max 10sec). Drehe den Load-Regler auf maximale Ausgangsleistung. 

-Optimiere die Ausgangsleistung, indem du "Load" und "Plate" wechselseitig nachjustierst. Taste dabei nicht länger als 10 Sekunden und lass zwischendurch die Endröhren wieder abkühlen. 

- Für SSB muss der Mik Gain (auf der Rückseite des Transceivers) so eingestellt werden, dass 120mA in den Sprachspitzen nicht überschritten werden. 

Neu abstimmen bei Bandwechsel ist selbstverständlich, nachjustieren bei grösseren Frequenzwechseln innerhalb des Bandes ist oft nötig.

Auch bei späteren Röhrentransceivern hat Kenwood dieses Prinzip beibehalten und der Drive stimmt sowohl Sender wie Empfänger ab (z.B. TS520). Yaesu hingegen hat seinem Transceiver einen eigenen Regler für den Preselector des Empfängers spendiert(z.B. FT101).  

Jeder DXer zeigt natürlich gerne seine Sammlung an QSL-Karten. Von Inseln von denen die meisten Menschen noch nie gehört haben und DX-Expeditionen an entlegenen Orten. Aber ich war nie ein richtiger DXer. Wie viele Länder ich "gearbeitet" habe, weiss ich nicht und QSL-Karten habe ich nur die ersten paar Jahre gesammelt und dann die meisten entsorgt. Trotzdem möchte ich euch hier eine QSL-Karte aus den 70er Jahren zeigen, die eine Verbindung repräsentiert, die mir gut in Erinnerung geblieben ist. Mit einer Mobilstation in der Nähe von San Francisco:



Den Prefix HB7 durften wir 1979 zum 50 jährigen Jubiläum der USKA benutzen.

Beim nächsten Mal geht es weiter mit der kurzen Welle in "Erinnerungen eines Funkamateurs". U.a. mit neuen alten Geräten, mit Mobilfunk, DX im 80 und 160m Band und natürlich selbst gebauten Endstufen.

Ein gutes neues Jahr es vy 73 de HB9ASB

    

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