Sonntag, 7. Dezember 2025

Erinnerungen eines Funkamateurs 4 - Sendeversuche

 


Bild: Der Winter steht vor der Tür. Hochmatt HB/FR-010, 2152m


Seit Bestehen unserer Welt erzeugen Blitze Radiowellen auf natürlichem Weg. Weltweit gibt es pro Tag zwischen 4 und 10 Millionen Blitze auf der Erde. Also etwa zwischen 46 und 116 Blitze pro Sekunde. Diese erzeugen Wellen im ganzen Radiobereich. Auf unserem Radio bzw. Funkempfänger sind sie als atmosphärisches Rauschen und sporadisches Knacken zu hören.

Marconi hat bei seinen Versuchen die Erzeugung von Radiowellen den Blitzen nachgemacht. Funken gibt es überall seit wir Elektrizität verwenden. Sie entstehen, wenn Elektrizität mit Kontakten geschaltet wird. Es war nur eine Frage der Zeit, bis man die richtigen Schlüsse zog und die von elektrischen Funken erzeugten Wellen nachweisen konnte. Marconi war nicht der erste, aber er war der erste Praktiker. Das zeigte sich daran, dass er nicht im Labor blieb, sondern Feldversuche unternahm. So untersuchte er u.a. in Salvan im Wallis im Jahr 1895 die Ausbreitung mit seinem Funkensender und einem portablen Empfänger. Marconis Experimente im Wallis waren aber umstritten. Eher politisch als technisch. 

Als technisch interessierte Teenager hatten wir über Marconis Experimente gelesen und die Versuchung war gross, auf seinen Pfaden zu wandern. Wir haben dafür elektrische Klingeln als Funkensender benutzt. Ein Ding, das heute in dieser Form nur noch in Altbauten existiert. Das Prinzip ist einfach und wird hier gut erklärt. Schon ohne spezielle Antenne ist so eine Klingel bereits ein kleiner Funkensender. Schliesst man eine Morsetaste anstelle des Klingelknopfs an, kann man damit Morsezeichen senden, die man in einem Empfänger hören kann. Kein schöner Ton und über ein weites Frequenzband zu hören, doch Marconis Versuche liessen sich damit gut nachvollziehen. Die verwendeten Klingeln funktionierten mit Gleichstrom von einer im Gehäuse eingebauten 4.5 Volt Taschenlampenbatterie. Hätte der Hersteller damals eine Freilaufdiode eingebaut und damit den Funken des Unterbrechers unterdrückt, hätten wir das Experiment nicht durchführen können. 

Doch eine elektrische Klingel allein ist noch kein guter Sender, sondern nur eine lokale Störquelle. Um die erzeugten Wellen weiter als ein paar Meter auszusenden, muss eine Antenne angeschlossen werden. Im Prinzip bedeutet das, auf der einen Seite der Funkenstrecke einen Antennendraht anzuschliessen und auf der anderen Seite eine Erdverbindung herzustellen. Zum Beispiel mit einem metallenen Erdspiess. Wird die Antenne mit einem Schwingkreis abgestimmt, kann die Wellenlänge des Senders bestimmt werden. Auf dieser Seite hier wird erklärt, wie das genau funktioniert. Da eine Funkenstrecke immer ein ganzes Wellenspektrum erzeugt, kann das Signal trotz Schwingkreise als Selektionsmittel nie auf eine einzelne Frequenz beschränkt werden. Ein solcher Sender strahlt immer ein breitbandiges Signal ab. 

Solch einfache Klingeln, mit einer 4,5V Taschenlampenbatterie betrieben, wie wir sie damals hatten, gibt es heute vermutlich nicht mehr zu kaufen. Zwar gibt es noch ähnliche Klingeln auf dem Markt, bei denen ein Klöppel an eine Glocke schlägt, aber sie werden über einen Transformer mit 50Hz Wechselstrom betrieben und brauchen deshalb keinen Unterbrecherkontakt, der Funken erzeugen könnte. Es gibt diese sehr lauten Klingeln zum Beispiel noch bei Conrad. Natürlich könnte man heute auch ein Relais als Funkengenerator nehmen, das sich nach dem Aufziehen über seinen eigenen Unterbrecherkontakt abschaltet. Fällt dann das Relais ab, beginnt das Spiel von neuem. Die lärmige Glocke braucht es also nicht unbedingt.

Ich rate aber dringend davon ab, derartige Geräte zu konstruieren wie ich sie hier beschreibe. Sie sind starke Störsender, die auf einem breiten Frequenzband den Radio- und Fernsehempfang stören und sogar den Funkverkehr lahmlegen können. Ihr Betrieb ist verboten.

Mit einer langen Drahtantenne und einem kleinen Erdspiess haben wir damals von Haus zu Haus und im freien Feld Versuche gemacht. Mit dem Detektorempfänger mit nachgeschaltetem NF-Verstärker aus dem Philips-Baukasten konnten wir damals mehr als 100m überbrücken. Die verwendete Frequenz lag damals wohl im Bereich von einigen MHz. Ähnlichen Störsignalen begegnete man damals als Kurzwellenhörer häufig. Die Zündfunken vorbeifahrender Motorräder und Elektromotoren in der Nachbarschaft waren früher oft die Verursacher von Knattergeräuschen im Empfänger.

Einige Jahre später kam dann der Wunsch auf, Sender auszuprobieren, mit denen Sprache übertragen werden konnte. Das Wort "Minispion" übte damals in  Bastlerkreisen eine grosse Faszination aus. Obwohl streng verboten, wurden sie ausführlich in Büchern beschrieben. Mit genauen Bauanleitungen. Diese Bücher sind heute meist nur noch antiquarisch zu kaufen. Eine Google-Suche mit dem Stichwort "Buch Minispione" bringt eine ganze Palette dieser Bücher zum Vorschein und zeigt, wie populäre das Thema damals war. 

Es waren einfache Sender mit einem oder zwei Transistoren und einem Mikrofon. Oft als richtige Minispione in kleine Gehäuse wie z.B. Zündholzschachteln eingebaut. Miniaturisierung interessierte mich damals (noch) nicht und ich baute meinen "Minispion" in ein grosses Holzgehäuse ein. Also eher ein Maxispion als Minispion. Ich wollte damit ja Sendeversuche machen und niemanden ausspionieren. Dieser "Maxispion" arbeitete nicht auf Kurzwelle, sondern im UKW-Bereich bei 100 MHz in FM. 

Es waren die ersten Transistorradios mit UKW-Bereich, welche die "Minispione" in Bastlerkreisen erst möglich machten. Denn das UKW FM Band war ideal für deren Betrieb. In den 60er Jahren waren bei uns nur wenige Rundfunksender im FM Band in Betrieb und man fand dazwischen genügend Platz. Kofferradios mit Transistoren hatten oft schon das FM-Band eingebaut und eigneten sich gut für derartige Versuche. Ich erinnere mich, damals einen Hitachi Kofferradio besessen zu haben, genau diesen Typ hier. Geblieben ist mir davon nur noch ein Drehko, der jetzt in einem manuellen Antennentuner steckt.  

Silizium Transistoren hatten inzwischen die Germanium Transistoren abgelöst und ihre Transitfrequenz genügte in vielen Fällen, um sie im FM-Band zum Schwingen zu bringen. Auch wenn die Leistung der Minispion-Sender nur wenige Milliwatt betrug, konnten mit einer einfachen Viertelwellen-Stabantenne einige hundert Meter überbrückt werden. 

Doch bald verlor ich das Interesse an den Minispionen. Ich wollte einen Sender bauen, mit dem ich grössere Distanzen überbrücken konnte. Einen Sender, wie ihn ein Funkamateur benutzen würde. Zu dieser Zeit hatte ich Kontakt mit einem gleichgesinnten Bastler an den Gestaden des Thunersees. Also etwa 20km von mir entfernt. Würde es uns gelingen eine Sprechfunkverbindung über diese Distanz herzustellen, könnten wir uns über unsere Experimente austauschen, ohne uns persönlich zu treffen. Wir kamen daher überein, Sender für das 80m Amateurfunkband zu bauen. Der Einfachheit halber mit Amplitudenmodulation. Den passenden Empfänger hatte ich ja bereits: nämlich den Lafayette HA-350.

Das war für mich das erste Mal, dass ich etwas mit einer Elektronenröhre baute. Bisher hatte ich mich nur mit Transistoren beschäftigt. Doch Röhrentechnik war ein ganz anderes Kapitel. Im Gegensatz zu Transistorschaltungen benötigen sie hohe Spannungen. In der Regel einige 100 Volt, was ich bald zu spüren bekam. Daneben müssen ihre Heizfäden gespeist werden. Oft mit 6.3V. Zudem verhalten sich Röhren ganz anders als Transistoren. Bipolartransistoren sind stromgesteuert. Die Stromverstärkung beschreibt die Abhängigkeit des Kollektorstroms vom Basisstrom (hFE). Röhren sind spannungsgesteuert. Ihr Mass für die Verstärkung ist die Steilheit (S): die Abhängigkeit des Anodenstroms von der Gitterspannung. 

Für meinen Röhrensender benutzte ich eine Pentode EL84, wie sie in Radioempfängern dieser Zeit auch als NF Endstufe eingesetzt wurde. Das Schema sah dazumal etwa so aus. Zwar konnte ich die HF-Leistung des Senders damals nicht genau messen, aber sie dürfte etwa 5 Watt betragen haben.

Als Antenne diente damals ein Draht unbestimmter Länge, der zwischen einer Espe und einem Apfelbaum im Garten meiner Eltern hing. Als Erde diente ein Anschluss an die Zentralheizung.

Damit endeten meine Sendeversuche, kam ich doch zu der Einsicht, dass es besser war, auf meine Amateurfunklizenz zu warten, anstatt mit illegalen Sendeversuchen dieselbige zu riskieren.

Seit dem Aufkommen des CB-Funks finden viele über diesen Weg die Motivation zur Amateurfunklizenz. Das war bei mir nicht der Fall. Der CB Funk wurde erst 1973 in der Schweiz erlaubt. Mit 12 Kanälen und 100mW Sendeleistung.

Beim nächsten Kapitel geht es dann so richtig zur Sache: Erinnerungen eines Funkamateurs - die Lizenz. Dieser Beitrag sollte noch vor Weihnachten hier im Blog erscheinen.